Andorn (Marrubium vulgare) – Die bittere Heilerin aus alten Zeiten
In den stillen Winkeln sonnendurchfluteter Wiesen, an Wegrändern, Schuttplätzen und trockenen Hängen entfaltet eine unscheinbare, doch kraftvolle Heilpflanze ihre stille Magie – der Andorn, auch Weißer Andorn genannt. Seit Jahrhunderten gilt er als eine der ältesten bekannten Heilpflanzen Europas, gepriesen von Hildegard von Bingen und empfohlen in traditionellen Klostergärten.
🌿 Wo wächst der Andorn?
Andorn liebt sonnige, trockene und kalkreiche Standorte. Man findet ihn oft:
- an Wegrändern, Trockenwiesen und Steinbrüchen
- auf Schuttplätzen, Böschungen oder Ruderalflächen
- bevorzugt in wärmeren Gebieten Europas, auch in Teilen Nordafrikas und Westasiens
Er ist ein echter Überlebenskünstler und gedeiht selbst in nährstoffarmen Böden – Hauptsache Sonne!
🌿 Wie erkennt man Andorn?
Der Andorn ist ein Mitglied der Lippenblütlerfamilie (Lamiaceae) und zeigt sich meist zwischen Juni und August in voller Blüte:
- Wuchsform: aufrecht, verzweigt, etwa 30–60 cm hoch
- Blätter: rundlich bis eiförmig, stark gekerbt und filzig behaart, wodurch sie silbrig schimmern
- Stängel: vierkantig, ebenfalls behaart
- Blüten: klein, weißlich mit einem Hauch von Lila, sitzen in Quirlen in den oberen Blattachseln
Ein markantes Erkennungsmerkmal ist der kräftige, bitter-würzige Geruch, der an Minze und Erde erinnert.

🌿 Inhaltsstoffe
Andorn beeindruckt durch eine starke Wirkstoffkombination, allen voran:
- Bitterstoffe (vor allem Marrubiin)
- Gerbstoffe
- Flavonoide
- Ätherisches Öl
- Schleimstoffe
- Gerbsäure
Diese Kombination verleiht ihm seine große therapeutische Bandbreite, besonders im Bereich der Atemwege und Verdauung.
🌿 Wie kann man Andorn verwenden?
Die Heilkräfte des Andorn sind vielseitig – doch Vorsicht: Er ist sehr bitter! Deshalb wird er meist in Tees, Tinkturen oder Sirupen verarbeitet:
✅ 1. Andorntee
Hilft bei Husten, Bronchitis, Asthma und regt die Verdauung an.
✅ 2. Andornsirup
Ein klassisches Hausmittel bei verschleimten Atemwegen und zur Stärkung des Immunsystems.
Häufig mit Honig und anderen Kräutern wie Thymian oder Eibisch kombiniert.
✅ 3. Tinktur
Wird zur Leberstärkung, Gallereizung und zur Appetitanregung genutzt.
Einige Tropfen in Wasser vor den Mahlzeiten helfen bei Völlegefühl und Blähungen.
⚠️ Hinweise zur Anwendung
- Nicht für Schwangere oder Menschen mit empfindlichem Magen geeignet
- Aufgrund der Bitterkeit meist mit anderen Kräutern kombiniert
- Bei Unsicherheit bitte eine erfahrene Kräuterfachperson oder Ärzt*in konsultieren
🌿 Fazit
Der Andorn ist eine Pflanze für Kenner – herb, kraftvoll und voller Geschichte. Wer sich auf seinen bitteren Geschmack einlässt, wird mit einem wahren Schatz der Natur belohnt: ein Heilkraut, das die Atemwege befreit, die Verdauung stärkt und alte Heiltraditionen lebendig hält. In ihm klingt noch der Zauber alter Klostergärten nach – leise, doch kraftvoll.