🌿 Estragon – Das edle Würzkraut mit Heilkraft
1. Botanische Einordnung und Herkunft
Estragon (Artemisia dracunculus) gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und ist eng verwandt mit anderen Artemisia-Arten wie dem Beifuß oder Wermut. Seinen Namen verdankt er dem lateinischen „dracunculus“ – „kleiner Drache“ – in Anlehnung an seine schlangenförmig gewundenen Wurzeln und seine schützenden Eigenschaften.
UrsprĂĽnglich stammt Estragon aus Sibirien und Zentralasien, hat sich jedoch seit dem Mittelalter in ganz Europa als GewĂĽrz- und Heilpflanze verbreitet.
2. Arten und Varietäten
Es gibt hauptsächlich drei Sorten, die botanisch unterschieden werden:
- Französischer Estragon (Artemisia dracunculus var. sativa)
– Der feinste und aromatischste, mit einem zarten, anisartigen Geschmack. Steril, nur vegetativ (über Stecklinge) vermehrbar. In der Küche sehr beliebt. - Russischer Estragon (Artemisia dracunculoides)
– Gröber im Wuchs und Geschmack, winterhärter, aber deutlich weniger aromatisch. Kann aus Samen gezogen werden. - Deutscher bzw. Wilder Estragon
– Oft ein Hybrid oder verwilderter Typ. Geschmacklich zwischen russisch und französisch angesiedelt.
3. Standort und Wachstum
Estragon liebt sonnige, warme Standorte mit durchlässigem, humosem Boden. Er wächst sowohl im Kräuterbeet als auch im Topf auf Balkon oder Terrasse.
- BlĂĽtezeit: Juli bis September (meist unscheinbare, grĂĽnlich-gelbe BlĂĽten)
- Wuchshöhe: 60–150 cm
- Vermehrung: Stecklinge (Französisch), Samen (Russisch)
4. Erkennungsmerkmale
- Blätter: Schmal, lanzettlich, hellgrün, oft leicht gedreht. Aromatisch duftend beim Zerreiben.
- Stängel: Aufrecht, dünn, verholzend an der Basis
- Geruch: Würzig-süßlich, erinnert an Anis, Fenchel und Lakritz (besonders beim Französischen Estragon)

5. Inhaltsstoffe
Die Kraft des Estragons liegt in seinem ätherischen Öl und seinen sekundären Pflanzenstoffen:
- Ätherische Öle: Estragol, Methyleugenol, Ocimen
- Flavonoide
- Gerbstoffe
- Bitterstoffe
- Vitamine A und C
- Mineralstoffe: Kalium, Kalzium, Magnesium
⚠️ Hinweis: Estragol steht im Verdacht, in hohen Dosen lebertoxisch zu sein. In der normalen Küchenanwendung ist jedoch keine Gefahr zu befürchten.
6. Verwendung in der KĂĽche
Der französische Estragon ist ein Star der feinen Küche – nicht umsonst ist er ein Bestandteil der „Fines Herbes“ der französischen Haute Cuisine.
Verwendung:
- Frisch oder getrocknet in Salaten, Fisch-, GeflĂĽgel- und Eierspeisen
- FĂĽr Estragonsenf und Estragonessig
- In Soßen, insbesondere der klassischen Sauce Béarnaise
- Harmoniert mit: Senf, Zwiebeln, Essig, Sahne, Dill, Fenchel
💡 Tipp: Estragon sollte sparsam dosiert und erst zum Ende des Garprozesses zugegeben werden – so bleibt sein Aroma erhalten.
7. Heilpflanzliche Anwendung
In der Volksheilkunde wurde Estragon traditionell eingesetzt bei:
- Verdauungsbeschwerden (krampflösend, appetitanregend)
- Blähungen und Völlegefühl
- Menstruationsbeschwerden
- Milder Beruhigung
- Anregung von Leber und Galle
Zubereitungen:
- Tee aus frischen Blättern (bei Magenbeschwerden)
- Ölauszug zur Massage bei Krämpfen
- Kräuterwein oder Tinktur als Tonikum
8. Ernte und Lagerung
- Beste Erntezeit: kurz vor der BlĂĽte, an sonnigen Tagen
- Aufbewahrung: Frisch verwenden oder schonend trocknen (an einem luftigen, schattigen Ort)
- Lagerung: In luftdichten Behältern, lichtgeschützt, max. 1 Jahr
🌱 Zusammenfassung
Merkmal | Beschreibung |
---|---|
Name | Estragon (Artemisia dracunculus) |
Arten | Französischer, Russischer, Wilder |
Standort | Sonnig, warm, gut drainierter Boden |
Wirkstoffe | Estragol, Flavonoide, Bitterstoffe |
Anwendung | KĂĽche, Heilkunde, Essig, SoĂźen |
Heilwirkung | Krampflösend, verdauungsfördernd, leicht beruhigend |
🕊️ Schlussgedanke
Estragon ist mehr als nur ein Gewürz – er ist ein grüner Poet auf dem Teller, ein zarter Heiler im Garten, ein würziger Hauch Frankreichs im Kochtopf. Wer ihn kennt, weiß: Ein Hauch genügt, und selbst das einfachste Gericht beginnt zu singen.